Corona, Christen und die Regierung

Ich habe lange überlegt, ob ich das Folgende veröffentlichen soll. Aber was im Moment in den sozialen Medien abläuft, ist nicht wirklich zu verstehen.

Wir haben die Corona-Krise in Deutschland, so sieht es zumindest jetzt aus, relativ gut überstanden – auch wenn die Zahlen gerade wieder steigen. Sicherlich war nicht alles gut. Viele Unternehmen mussten und müssen zukünftig Mitarbeiter in Kurzarbeit schicken oder sogar entlassen. Damit stehen viele Menschen und Familien vor einem finanziellen Trümmerhaufen. Das ist nicht gut und man fragt sich, ob und wie man das hätte verhindern können. Der Staat muss in Folge der Krise enorme Schulden machen und beteiligt sich an neuen Schulden, die von der EU gemacht werden. Diese EU-Gelder werden uns nur indirekt zu Gute kommen und wir hinterlassen den nächsten Generationen einen großen Schuldenberg (übrigens wie alle Generationen davor). Gleichzeitig sehen wir, wie Corona weltweit grassiert und sehr viele Opfer fordert. Auch nehmen wir wahr, dass es in Deutschland immer wieder zu Hotspots kommt, die man so bei bisherigen Grippewellen nicht erlebt hatte und die sehr schnell eine große Zahl von Infizierten umfassen.Viele Menschen haben echte Angst und fragen sich, wann ist es endlich vorbei, wann können wir denn endlich wieder normal leben?
Soweit eine kurze Bestandsaufnahme.

Und nun zu den sozialen Medien.
Kaum stellte sich heraus, dass es in Deutschland wohl doch nicht so schlimm kommen würde, wie immer angekündigt und befürchtet, ging das Murren los. Auch und gerade manche Christen beteiligen sich daran, Posts zu teilen. Da spielt es plötzlich keine Rolle mehr, wer das ist, von dem der Ursprungspost stammt. Ob die Person den Holocaust leugnete, spielt plötzlich selbst für Christen keine Rolle mehr. Ob da ein Koch plötzlich zum Top-Virologen mutiert – geschenkt – Hauptsache man kann gegen die Regierung wettern und allen in der Regierung Handelnden eine falsche geheimnisvolle Motivation unterstellen.

Ja, es wurde keine Kritik von Fachleuten zugelassen, ja, die Medien nahmen und nehmen ihre Aufgabe zu hinterfragen, nicht wahr. Ja, es gab nur wenig echten Journalismus. Ja, durch die Medien wurde und wird die Krise massiv überhöht. Ja, es wurde in der Kommunikation manches falsch gemacht.
Aber: Wir haben in Deutschland weniger Tote im Vergleich zu anderen Ländern, sicherlich auch Dank unseres gut funktionierenden Gesundheitssystems – aber eben auch durch den Lockdown. Was wäre denn, wenn die Regierung anders gehandelt hätte, wie z. B. Trump, Bolsonaro, Johnson etc.? Dann wäre sie wahrscheinlich aus dem Amt gejagt worden. Und wahrscheinlich genau von denen, die jetzt wegen der Regeln, welche die Regierung erlassen hat, auf die Straße gehen. Jeder hätte ihnen vermutlich Unfähigkeit vorgeworfen, jeder hätte mit Recht gefragt, welche Kompetenz denn die Regierung noch hätte. Und dann hätten wir wirklich allen Grund auf die Straße zu gehen – wenn es dann irgendwann vorbei wäre. Denn wir hätten uns während der Krise gar nicht mehr nach draußen gewagt. Wir hätten jeden, dem wir begegnen, skeptisch beäugt, ob er evtl. auch das Virus hat. Haben wir überhaupt eine Ahnung, was das mit unserer Gesellschaft gemacht hätte? Wurde darüber schon mal nachgedacht?

Und eine Frage an all die Christen, die meinen, jetzt Stimmung gegen die Regierenden machen zu müssen, die zweifelhafte oder auch echte oder vermeintlich wissenschaftlich fundierte Posts teilen? Wie viele Stunden habt ihr damit verbracht, diese Infos zu recherchieren und zu posten? Wie viele Nächte habt ihr euch um die Ohren geschlagen, denn die Posts werden vorzugsweise nachts geteilt, zwischen 0 und 4 Uhr? Habt ihr die gleiche Zeit dafür aufgewendet, das zu tun, wozu Paulus uns auffordert? Wenn ich all die Posts lesen würde, die so im Laufe eines Tages bei Facebook geteilt werden – ich hätte keine Zeit mehr für wirklich wichtige Dinge!

Zu was sind wir eigentlich berufen? Wie sollen wir uns gegenüber dem Staat und der Regierung verhalten?

Gerne wird hier dann zitiert, dass wir Gott mehr gehorchen sollen als den Menschen. Ja das stimmt – aber hier schon mal geschaut, in welchem Kontext Petrus diese Aussage trifft? Hier geht es um die Weitergabe des Evangeliums, hier geht es darum, dass die Jünger es nicht lassen konnten von dem zu erzählen, was sie mit Jesus erlebt hatten. Sie konnten ihren Mund nicht halten davon zu erzählen, dass Jesus am Kreuz gestorben und nach drei Tagen wieder auferstanden ist. Eine wirklich unerhörte Botschaft, welche die damaligen religiösen Führer so wütend machte. In diesem Kontext steht diese Aussage von Petrus. Sie jetzt hier heranzuziehen, um den Staat zu kritisieren und dass man Gott mehr gehorchen solle als den Menschen, scheint mir doch etwas weit hergeholt. Zumindest ist das meine theologische Überzeugung. Hier zwei Stellen, die man im Kontext lesen sollte: Apg. 4,19 und Apg. 5,29.

Auf der anderen Seite wissen wir durch Umfragen, dass gerade im Moment die Menschen Hoffnung suchen und brauchen – wie in oder nach jeder Krise. Wenn man sich fragt, wie es weiter geht, woher Hilfe kommt etc. gibt es nur eine Antwort: Unsere Hilfe kommt vom Herrn. Jesus ist unsere Hoffnung, es gibt mehr als ein Leben vor dem Tod. Wir sind Bürger des Königreiches Gottes. Und Gott sei Dank gibt es einige Gemeinden, die genau das tun. Hoffnung verbreiten, da wo Hoffnungslosigkeit ist. Die nicht darüber jammern, dass die so gut gestylten Gottesdienste nicht stattfinden konnten oder können. Die nicht sauer sind, weil ihnen die so wichtige sonntägliche Gemeinschaft fehlt. Wer geht hin und lädt seinen Nachbarn zum Grillen ein, zum Kaffee, zum Brunch, weil er spürt, dass er Fragen hat?

Ein sehr positives Beispiel: In Marburg gibt es eine Gemeinde, die seit Wochen sog. Balkon-oder Open-Air-Gottesdienste veranstaltet. Die mit Preacher-Box und Gitarre durch ihr Wohnviertel zieht und den Menschen auf den Balkonen Hoffnung bringt. Andere Gemeinden haben erkannt, dass Autokino-Gottesdienste oder Auto-Gottesdienste auf Supermarkt-Parkplätzen eine gute Möglichkeit sind, das Evangelium weiterzugeben. Eine Gemeinde in Gießen berichtet nach einem Autokino-Gottesdienst, dass 2/3 der Besucher der Gemeinde unbekannt waren. Hier passiert etwas, das vor der Krise nicht denkbar war. Die Gemeinde Jesu verlässt die eigenen Gebäude und geht zu den Menschen. Sie bringt die gute Nachricht zu den Menschen, genau dahin, wo sie gebraucht wird. Dazu sind wir aufgerufen – das ist die Chance für uns Christen, denn jede Krise bringt auch neue Chancen. Wir müssen nur innehalten und hören, was der Herr uns zu sagen hat und dann gemäß seinem Auftrag handeln.

Und statt nach immer neuen Theorien zu den Hintergründen der Corona-Krise zu suchen, wie wäre es damit, das zu tun, wozu Paulus uns auffordert: nämlich für die Regierung in dem Ort, in dem Bundesland, in Deutschland zu beten. Damit nutzen wir die Zeit sinnvoll! Das ist nachhaltig und wird zu wirklich nachhaltiger Veränderung führen. Denn wenn wir das tun, werden wir in Frieden leben.

Das Erste und Wichtigste, wozu ich ´die Gemeinde` auffordere, ist das Gebet. Es ist unsere Aufgabe, mit Bitten, Flehen und Danken für alle Menschen einzutreten, ´insbesondere` für die Regierenden und alle, die eine hohe Stellung einnehmen, damit wir ungestört und in Frieden ein Leben führen können, durch das Gott in jeder Hinsicht geehrt wird und das in allen Belangen glaubwürdig ist. In dieser Weise zu beten ist gut und gefällt Gott, unserem Retter, denn er will, dass alle Menschen gerettet werden und dass sie die Wahrheit erkennen.
(1.Tim 2:1-4)

Und noch ein Gedanke zum Schluss: Könnte es sein, dass die relativ wenigen Toten und Erkrankten im Vergleich zu anderen Ländern auch damit zusammenhängen, dass viele Christen genau dafür beten? Lasst uns dankbar sein, dass es uns so gut geht und wir in einem solch tollen Land leben.

Arthur Hoß
Arthur Hoß
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